Im Apokryphon des Johannes gibt es eine Szene, in der Jesus, der sich dem Apostel Johannes in einer Vision offenbart, über verschiedene Propheten spricht und ihre Kenntnis von ihm in Frage stellt. Hier ist eine relevante Passage:

„Und er [Jesus] sagte: ‚Ich bin der Gedanke des Vaters und die Erkenntnis der Mutter, der Gedanke und das Wissen des Lichtes. Und ich habe zu euch geredet von dem lebendigen Gott, der ewig ist. Aber Aaron und Mose und Joshua, und viele andere, die unter den Propheten gewesen sind, haben mich nicht gekannt, und sie haben mich nicht erkannt.‘“

Interpretation

Diese Passage zeigt, dass Jesus in der gnostischen Tradition betont, dass viele alttestamentliche Propheten das wahre göttliche Wesen nicht vollständig erkannt haben. Diese Sichtweise spiegelt die gnostische Vorstellung wider, dass die wahre Erkenntnis (Gnosis) und das Verständnis des göttlichen Wesens nur durch die Offenbarungen Jesu und die gnostische Lehre zugänglich sind. Hier sind einige Schlüsselgedanken:

  1. Trennung von alttestamentlichen Offenbarungen:
    • Die gnostische Tradition stellt oft die Offenbarungen des Alten Testaments in Frage und betrachtet sie als unvollständig oder irreführend. Die gnostischen Texte betonen, dass das wahre Wissen über Gott und die göttliche Realität erst durch Jesus Christus offenbart wurde.
  2. Gnosis als Schlüssel zur Erkenntnis:
    • Im Gegensatz zur traditionellen jüdisch-christlichen Lehre, die auf dem Gesetz und den Propheten basiert, betont der Gnostizismus die Wichtigkeit der spirituellen Erkenntnis (Gnosis). Nur durch dieses esoterische Wissen können die Menschen die wahre Natur Gottes und des Universums verstehen.
  3. Kritik an den Propheten:
    • Durch die Aussage, dass Propheten wie Mose und Aaron ihn nicht kannten, unterstreicht Jesus in diesen Texten die Notwendigkeit der gnostischen Erkenntnis. Dies impliziert, dass die alttestamentlichen Offenbarungen unzureichend sind und dass die gnostische Lehre eine tiefere, wahrere Einsicht bietet.

Fazit

Die Passage im Apokryphon des Johannes, in der Jesus sagt, dass Propheten wie Mose und Aaron ihn nicht kannten, ist ein Beispiel für die gnostische Kritik an den alttestamentlichen Offenbarungen. Diese Sichtweise betont die Überlegenheit der gnostischen Erkenntnis und stellt die traditionelle jüdisch-christliche Lehre infrage. Dies bedeutet auch, dass das Gesetz, welches Mose empfing, keinen göttlichen Ursprung hat.