Jesus‘ Beschreibungen und Lehren über Sünde in den Evangelien betonen sowohl spezifische Handlungen als auch innere Einstellungen und Zustände des Herzens. Hier sind einige zentrale Aspekte, wie Jesus die Sünde beschreibt:

1. Herzenshaltung und Gedanken:

Jesus betont, dass Sünde nicht nur durch äußere Handlungen, sondern auch durch innere Gedanken und Einstellungen gekennzeichnet ist. Er richtet den Fokus auf die Herzenshaltung.

  • Matthäus 5:21-22 (Zorn und Hass): „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: ‚Du sollst nicht töten‘; wer aber tötet, der soll dem Gericht verfallen sein. Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig…“
  • Matthäus 5:27-28 (Begierde): „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: ‚Du sollst nicht ehebrechen‘. Ich aber sage euch: Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen.“

2. Heuchelei und Selbstgerechtigkeit:

Jesus kritisiert oft die Pharisäer und Schriftgelehrten für ihre Heuchelei und Selbstgerechtigkeit, die er als eine Form der Sünde ansieht.

  • Matthäus 23:27-28: „Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler! Denn ihr seid wie getünchte Gräber, die außen hübsch erscheinen, aber innen voll von Totengebeinen und aller Unreinheit. So erscheint auch ihr von außen den Menschen gerecht, innen aber seid ihr voll Heuchelei und Gesetzlosigkeit.“

3. Unterlassung von Nächstenliebe:

Für Jesus ist die Unterlassung von Taten der Nächstenliebe ebenfalls eine Form der Sünde. Er betont die Bedeutung von Barmherzigkeit und Mitgefühl.

  • Matthäus 25:41-45: „Dann wird er auch zu denen auf der linken Seite sagen: Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist! Denn ich war hungrig, und ihr habt mir nichts zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir nichts zu trinken gegeben; ich war ein Fremder, und ihr habt mich nicht aufgenommen; ich war nackt, und ihr habt mich nicht bekleidet; ich war krank und im Gefängnis, und ihr habt mich nicht besucht. […] Was ihr nicht einem von diesen Geringsten getan habt, das habt ihr mir auch nicht getan.“

4. Unglaube und Ablehnung Jesu:

Jesus bezeichnet den Unglauben an ihn und die Ablehnung seiner Botschaft als eine fundamentale Sünde.

  • Johannes 3:18-19: „Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt hat an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes. Das aber ist das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Werke waren böse.“

5. Vergebung und Umkehr:

Jesus bietet Vergebung für die Sünden an und ruft zur Umkehr auf. Er betont, dass jede Sünde vergeben werden kann, wenn der Mensch aufrichtig bereut.

  • Markus 2:5: „Als Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.“
  • Lukas 15:7 (Das Gleichnis vom verlorenen Schaf): „Ich sage euch: So wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die die Buße nicht nötig haben.“

6. Sünde gegen den Heiligen Geist:

Jesus spricht auch über eine spezifische Sünde, die unverzeihlich ist – die Lästerung gegen den Heiligen Geist.

  • Matthäus 12:31-32: „Darum sage ich euch: Jede Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben werden; aber die Lästerung gegen den Geist wird den Menschen nicht vergeben werden. Und wer ein Wort redet gegen den Menschensohn, dem wird vergeben werden; wer aber etwas redet gegen den Heiligen Geist, dem wird nicht vergeben werden, weder in dieser Welt noch in der zukünftigen.“

Zusammengefasst beschreibt Jesus die Sünde als eine Frage des Herzens und der inneren Einstellung ebenso wie der äußeren Handlungen. Er betont die Wichtigkeit der Liebe, Barmherzigkeit, und des Glaubens und bietet zugleich Vergebung und Erlösung durch Umkehr und Glauben an ihn.

In gnostischen Texten beschreibt Jesus die Sünde anders, ohne den Sünden nach biblischen Evangelien zu wiedersprechen. Es sollte eher als essenzielle Ergänzung gesehen werden, die in der Bibel bewusst verschwiegen wird.

Hier sind einige wesentliche Aspekte der Sünde nach gnostischen Texten:

1. Unwissenheit:

  • Gnosis (Erkenntnis) versus Unwissenheit: Im Gnostizismus wird Sünde häufig als ein Zustand der Unwissenheit oder Unkenntnis über die wahre göttliche Natur des Selbst und der Welt verstanden. Gnosis, oder das wahre Wissen, ist der Schlüssel zur Erlösung. Sünde ist daher das Fehlen dieses Wissens.
  • Thomas-Evangelium: „Wenn ihr euch erkennt, dann werdet ihr erkannt werden, und ihr werdet verstehen, dass ihr die Kinder des lebendigen Vaters seid. Wenn ihr euch aber nicht erkennt, dann seid ihr in Armut und ihr seid die Armut.“

2. Verhaftung an die materielle Welt:

  • Materielle Bindung: Viele gnostische Texte lehren, dass die materielle Welt eine Schöpfung eines niederen Gottes, des Demiurgen, ist, und dass die Verhaftung an diese materielle Welt und ihre Begierden als Sünde betrachtet wird. Erlösung kommt durch die Abkehr von der materiellen Welt und die Hinwendung zum spirituellen Reich.
  • Evangelium der Wahrheit: „Unkenntnis des Vaters erzeugt Schrecken und Furcht. Und der Schrecken wird dicht wie Nebel, so dass niemand sehen kann. Aus diesem Grund irrt man sich.“

3. Falsche Gottheiten anbeten:

  • Demiurge und Archonten: Im Gnostizismus ist der Demiurge ein niedergestelltes, unvollkommenes Wesen, das die materielle Welt erschaffen hat. Sünde beinhaltet auch die Anbetung und die Unterwerfung unter diese falschen Gottheiten anstatt dem wahren, höchsten Gott.
  • Hypostasis der Archonten: „Ihre Bosheit wird nicht verborgen bleiben, und ihre Bosheit wird sich selbst zeigen.“

4. Verlust der göttlichen Funken:

  • Göttliche Funken: Die gnostische Kosmologie sieht den Menschen als Träger göttlicher Funken, die aus der göttlichen Welt in die materielle Welt gefallen sind. Sünde wird als Verlust oder Vergessen dieser göttlichen Funken verstanden.
  • Evangelium nach Philippus: „Das Licht und die Dunkelheit, das Leben und der Tod, die rechte Seite und die linke Seite, sind Brüder voneinander. Sie sind unzertrennlich. Weil man aber das Gute nicht gut ist, und das Schlechte nicht schlecht ist, muss man die göttliche Funken erkennen, um den Weg zur Erlösung zu finden.“

5. Ignorieren des inneren Wissens:

  • Innere Erkenntnis: Gnostische Texte betonen die Bedeutung des inneren Wissens und der Selbstentdeckung. Sünde wird als das Ignorieren oder Ablehnen dieses inneren Wissens betrachtet.
  • Gnostisches Evangelium der Maria: „Die Materie wird zerstört werden, zurückgelassen von den himmlischen Wesen.“

Zusammengefasst verstehen gnostische Texte Sünde eher als einen Zustand der Unwissenheit und Verhaftung an die materielle Welt, anstatt als spezifische Übertretungen göttlicher Gesetze. Erlösung wird durch Erkenntnis (Gnosis) und die Befreiung von der Illusion der materiellen Welt erreicht.

Auf etwaige Sünden wie sie in den 10 Geboten geschrieben stehen, geht Jesus nur bedingt ein. Dies bedeutet nicht, dass in diesen nicht auch sündhaftes Verhalten stecken kann. Jesus aber, schenkt diesen primitiven Regeln wenig Beachtung.