In gnostischen Texten wird die Entstehung und Natur Jesu oft auf unterschiedliche Weise dargestellt, die sich von den orthodoxen christlichen Lehren unterscheiden. Gnostische Schriften betonen häufig eine komplexe Kosmologie und Theologie. Hier sind einige zentrale gnostische Ansichten zur Schöpfung und Natur Jesu:

  1. Das Apokryphon des Johannes:
    • In diesem Text wird Jesus als eine Manifestation eines höheren göttlichen Wesens betrachtet. Der „Monogenes“ (der Einziggeborene) wird als eine emanative Kraft beschrieben, die aus dem höchsten göttlichen Prinzip, dem „Ungezeugten Vater“, hervorgeht.
    • Jesus wird oft als die erste Schöpfung des Vaters beschrieben, der „Eingeborene“ oder „Monogenes“, der das göttliche Licht verkörpert und die materielle Welt durchdringt, um das göttliche Wissen (Gnosis) zu bringen.
  2. Das Evangelium der Wahrheit:
    • Dieser Text beschreibt Jesus als das göttliche Wort (Logos) und das „Buch des Lebens“, das aus der göttlichen Fülle (Pleroma) hervorgegangen ist. Jesus wird als Vermittler betrachtet, der das Wissen und die Wahrheit des unsichtbaren Vaters offenbart.
    • „Der Vater offenbarte sich selbst, denn er ist das ewige Licht und das vollkommene Leben. Er offenbarte seinen verborgenen Sohn.“
  3. Das Evangelium des Philippus:
    • In diesem Evangelium wird die Menschwerdung Jesu betont, wobei Jesus als göttlicher Erlöser beschrieben wird, der das göttliche Wissen zur Rettung der Menschheit bringt.
    • „Jesus ging in die Töpferei des Levi. Er nahm sechzig Maß Ton und machte daraus ein Leibchen. Er sagte: ‚Woher kommst du, Adam?‘ Er antwortete und sprach: ‚Ich bin aus einer Kraft gekommen, die zu einer großen Kraft wurde.’“
  4. Das Pistis Sophia:
    • In diesem Text wird Jesus als göttlicher Lehrer und Retter beschrieben, der den göttlichen Plan offenbart und den Menschen hilft, zu ihrem göttlichen Ursprung zurückzukehren.
    • Jesus erklärt, dass er aus den höheren Äonen gekommen ist, um die gefallene Weisheit (Sophia) zu retten und die Menschen zu erlösen.
  5. Das Evangelium nach Thomas:
    • Während dieses Evangelium keine Schöpfungsgeschichte Jesu bietet, betont es seine Rolle als göttlicher Lehrer, der verborgene Wahrheiten enthüllt.
    • „Jesus sprach: ‚Ich bin das Licht, das über allem ist. Ich bin das All; das All ist aus mir hervorgegangen, und das All ist zu mir gelangt.‘“

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in gnostischen Texten Jesus oft als göttliche Emanation oder Manifestation betrachtet wird, die aus dem höchsten göttlichen Prinzip hervorgegangen ist. Er wird als Bringer des göttlichen Wissens und Lichtes beschrieben, der die Menschheit erleuchtet und zur göttlichen Wahrheit führt.

Was sagt die Bibel dazu, dass Jesus Gott ist?

Die Vorstellung, dass Jesus Gott ist, wird auch in der christlichen Theologie durch verschiedene Bibelverse unterstützt. Hier sind einige der wichtigsten Verse aus dem Neuen Testament, die darauf hinweisen:

  1. Johannes 1:1-14:
    • Vers 1: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“
    • Vers 14: „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“
  2. Johannes 10:30:
    • „Ich und der Vater sind eins.“
  3. Johannes 8:58:
    • „Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham wurde, bin ich.“
  4. Johannes 20:28:
    • „Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott!“
  5. Kolosser 1:15-19:
    • Vers 15: „Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene aller Schöpfung.“
    • Vers 19: „Denn es gefiel [Gott], daß in ihm alle Fülle wohnen sollte.“
  6. Kolosser 2:9:
    • „Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig.“
  7. Titus 2:13:
    • „indem wir die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Jesus Christus erwarten.“
  8. Hebräer 1:3:
    • „Dieser [Jesus] ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und der Ausdruck seines Wesens und trägt alle Dinge durch das Wort seiner Macht, und hat sich, nachdem er die Reinigung von den Sünden bewirkt hat, zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt.“
  9. Hebräer 1:8:
    • „Aber von dem Sohn spricht er: Dein Thron, o Gott, währt von Ewigkeit zu Ewigkeit, und das Zepter deines Reiches ist ein gerechtes Zepter.“
  10. Philipper 2:5-7:
    • „Habt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus war, der, obwohl er in der Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein, sondern sich selbst entäußerte, indem er Knechtsgestalt annahm und den Menschen gleich geworden ist.“

Diese Verse sind zentrale Bestandteile der christlichen Lehre über die Gottheit Jesu und werden in verschiedenen theologischen Traditionen ausführlich diskutiert und interpretiert. Interessant ist, dass selbst Paulus, nach seiner Bekehrung, Jesus für Gott hält.

Phosilampes, ein eher unbekannter Verfasser gnostischer Schriften, schreibt in einem unbekannten gnostischen Werk: „Der unfassbare Vater existiert in seinem eingeborenen Sohn.“

Laut dem Apokryphon des Johannes, entstand Jesus aus dem ersten Gedanken des sich selbst erzeugten Lichtes, der Urkraft. Nehmen wir die Aussage von Phosilampes dazu, bedeutet dies, dass die Urkaft, die vor allem anderen da war, Jesus erschaffen hat, um in ihm zu existieren. So verstehen wir, warum Jesus sagte „Ich und der Vater sind eins“.